Die lange Strecke joggen

Nach genau 10-einhalb Minuten laufe ich auf meiner üblichen Jogging-Strecke über eine Brücke mit einem grünen Geländer und muss mich entscheiden. Geradeaus oder abbiegen? Kurz oder lang? Vorsicht oder Power?

Ich laufe oft. Ich stehe oft vor dieser Entscheidung. Bisher war es ausnahmslos so, dass ich, wenn ich geradeaus die kurze Strecke gewählt habe, kaum bis nach Hause durchgehalten habe, ohne zwischendurch mal zu gehen. Wenn ich in die lange Strecke abgebogen bin, bin ich stets mit Kraft und Endspurt zuhause angekommen.

Wirklich. Ich treffe diese Entscheidung innerhalb von wenigen Sekunden, etwa zehn Schritte, so lange, wie ich brauche, um über die Brücke zu laufen, hinter der sich der Weg gabelt. Treffe ich die Entscheidung schon vorher, dann stehe ich auf der Brücke vor der Wahl mich an die Entscheidung zu halten oder mich umzuentscheiden. Das gleiche in grün, so grün wie die Rostschutzfarbe am Brückengeländer.

Aber offenbar kann ich mir und meinem Körper vertrauen. Offenbar merkt er, ob ich kräftig bin oder schlapp.

Oder?

Oder... die andere Erklärung ist: Ich mache meine Kraft. Ich bin meines Glückes Schmiedin. Wenn ich beschließe, die lange Strecke zu laufen, steigt meine Kraft allein durch diesen Entschluss an. Und umgekehrt.

Funktioniert auch in anderen Dingen: Ich beschließe, fröhlich zu sein... und werde angelächelt.

Seit mir das klar geworden ist, habe ich mir noch zwei weitere Entscheidungspunkte auf der Strecke überlegt. Denkt nur, wie stark ich nach jedes Mal nach Hause komme.